Ein Yellowpress-Redakteur wird Diakon?

Diakon Matthias Gill, auf dem Dach von St. Theodor in Köln-Vingst, August 2007 Foto: Stefan Menne

Die Bewährung in einem sogenannten Zivilberuf ist eine der Zugangsvoraussetzungen zum Diakonenamt. Meine Bewährungsprobe bestand ich als Bildredakteur in der Yellowpress. „Es wundert mich“, äußerte einige Wochen vor meiner Weihe ein Priester im Gespräch, „dass der Erzbischof sie mit diesem beruflichen Hintergrund zur Weihe zulässt.“ Häufig begegnete mir ein deutliches Heben der Augenbrauen, wenn ich von meinem Beruf sprach. Galt die Yellowpress doch mit ihren seichten Themen eher als etwas, dass man in Wartezimmern eher mied. Dem allgemeinen Ruf entgegen stehen die wöchentlichen Millionenauflagen der Frauenzeitschriften, die sich bei Frauen jeden Alters großer Beliebtheit erfreuen.

 Nach meinem Volontariat in einer Münchner Bildagentur stellte mich der Bastei-Lübbe Verlag in Bergisch-Gladbach in der Redaktion DAS GOLDENE BLATT an. Als Redakteur mit 23 Jahren war ich Teil eines großen Teams, das unter der Leitung eines Chefredakteurs und seiner Ressortleiter jede Woche eine Zeitschrift auf den Markt brachte, die sich gegen die Konkurrenz behaupten musste. Es nützte nicht viel, dass der Name bundesweit bekannt war, der Inhalt musste als Kaufargument attraktiv aufbereitet sein. Was die Leserin kaufte, musste ihr Geld wert sein und es musste vor allem mehr und interessantere Inhalte bieten als die Konkurrenz.

Nach vier Jahren wechselte ich als Ressortleiter nach Düsseldorf in den damaligen „Welt am Sonnabend“ – Verlag, der später von der WAZ-Gruppe übernommen wurde. Bei der Wochenzeitschrift ECHO DER FRAU leitete ich 15 Jahre lang ein eigenes Ressort mit mehreren Mitarbeitern und einem gut sortierten Bildarchiv. Eine Million Fotos und Dias warteten hier auf den Tag ihrer Veröffentlichung. Täglich kamen per Post und per Kurier hunderte Bilder dazu, die gesichtet, bewertet, in die Zeitschriftenproduktion einflossen oder einfach archiviert wurden.

 

 Mit meinem Team waren wir für alle Fotos der wöchentlichen Auflage von 250.000 Exemplaren verantwortlich. In den täglichen Redaktionssitzungen rangen wir miteinander um die aktuellsten Themen. Es zählten die wöchentlichen Verkaufszahlen und über sie allein definierte sich für die Verlagsleitung der Erfolg unserer Arbeit. Ich erlebte Kollegen und Kolleginnen, die sich mit viel Leidenschaft für ihre Arbeit einsetzten und bis spät in die Nacht auf ihren Schreibmaschinen Seite für Seite Geschichten tippten. Interviews, Homestories, Reportagen, Agenturmeldungen, Rezepte, Mode- und Gesundheitsberichte und Horoskope – Woche für Woche entstanden unter ihrer Hand neue Ausgaben.

 Ich erlebte auch die Frustrationen und Enttäuschungen, die zu vielen Problemen führten. Machtkämpfe mit den dazugehörigen verdeckten Intrigen, offene Konflikte in den Büros, Alkoholsucht, private Sorgen und vieles mehr. Geduldig hörte ich meinen Kolleginnen und Kollegen in den vielen Flurgesprächen und Mittagspausen zu, und bald wurde ich für den Betriebsrat vorgeschlagen. Mit meiner Wahl lernte ich die Geschäftsleitung und alle anderen 150 Mitarbeiter des Verlagshauses intensiver kennen. Und auch die größeren Herausforderungen, vor denen wir standen. 

 

Mein Arbeitspaltz mit Mac

Digitalisierung

Die Digitalisierung des Verlagswesens in den 90er Jahren forderte alle Kräfte und Anstrengungen von uns, neben der Umstellung der Technik von Schreibmaschine auf Computerarbeitsplätze, waren wir als Bildredaktion besonders von der rasanten Entwicklung betroffen. Wurden Bilder zunächst auf Disketten verschickt, konnten sie bald per ISDN Leitung versendet werden.

Ich erinnere mich noch an den Tag, als wir uns erstmalig von unserem Computer bei einer Bildagentur einwählen konnten und in deren digitalem Archiv recherchierten. Völlig neue Möglichkeiten und Perspektiven öffneten sich uns, unsere Arbeitsweise veränderte sich nicht allmählich, sondern in Stufen radikal. Immer offen für das Neue, immer auf der Suche nach neuen Möglichkeiten und ständig in Sorge um ein Zurückfallen hinter die Konkurrenz prägten das Denken dieser Zeit. Kolleginnen und Kollegen waren gezwungen sich der neuen Technik zu öffnen und ihre Arbeitsroutinen vollständig neu einzurichten. Verlage mussten in Technik investieren und Menschen schulen und ausbilden. Im Betriebsrat trat ich vehement für die Qualifizierung der Mitarbeiter ein, die mehr sein sollte als ein Learning by Doing.

Kein Ausflug nach Damaskus

In dieser Zeit entdeckte ich auf der Suche nach der wahren Menschlichkeit das göttliche Antlitz Jesu in der katholischen Kirche. In mir wuchs der Wunsch über die Grenzen meines damaligen Berufes hinaus, diese Menschlichkeit im Dienste der Kirche und in der Nachfolge Jesu sichtbar werden zu lassen. Mir wurde vorgeschlagen über das Amt des Diakons nachzudenken und auf mich wirken zu lassen. Nach mehreren Jahren des Nachdenkens und des Gebetes, nach unzähligen Gesprächen in der Familie und in der Gemeinde bewarb ich mich am erzbischöflichen Diakoneninstitut in Köln.

2000 begann die Studienausbildung und in einer Gruppe von mehreren Männern meines Alters bereiteten wir uns 4 Jahre lang auf die Weihe vor.

Es waren intensive Jahre, tagsüber in der Redaktion, abends und am Wochenende im Institut, häufig ehrenamtlicher Einsatz in der Gemeinde. Voller Dankbarkeit schaue ich auf diese Zeit zurück und frage mich oft in der Rückschau, wie das alles möglich war.

Admissio im Erzb. Priesterseminar an die Weihegruppe 39 durch Weihbischof Friedhelm Hofmann

Diakon und Bildredakteur

Im Verlag hielt ich mein „Parallel-Leben“ als Diakonand (Diakon in Ausbildung) diskret zurück, alle Wege mussten offenbleiben und eine Festlegung gegenüber den Kollegen würde mich in Zugzwang stellen. Erst eine Woche vor der Weihe hing ich kommentarlos die Einladung zur Weihe an das schwarze Brett der Redaktion, und ging in Weiheexerzitien. Als ich in den Dom mit meinen Mitbrüdern einzog freute ich mich, dass die Redaktion fast vollständig gekommen war.

 

In den folgenden Tagen entstanden die wunderbarsten Gespräche. Fast alle vertrauten mir unter ihre persönliche Geschichte mit Gott und der Kirche an. Einer war schon auf dem Weg ins Priesterseminar, eine andere wurde in ihrer Jugend menschlich tief enttäuscht, andere waren aktiv in ihrer Gemeinde und wiederum andere lehnten Glaube und Kirche aus tiefstem Herzen ab.

 

In den folgenden vier Jahren vertieften sich die Beziehungen. Wir begannen uns einander mehr zu vertrauen und gingen gegen Intrigen und Machtkämpfe entschiedener vor, die Arbeitsgemeinschaft wurde herzlicher. Die Chefredakteure wechselten zwar häufig, aber das Redaktionsteam blieb konstant.

 

Weihe zum Ständigen Diakon durch Handauflegung Kardinal Joachim Meisner Christuskönig 2004, Foto: Robert Boecker

Diakon im Zivilberuf

Mit dem Tag der Weihe wechselte ich nach Köln Höhenberg-Vingst in das Pastoralteam von Pfr. Franz Meurer. Ich erlebte ein sehr reflektiertes Team, dass sich den großen Herausforderungen der Zeit mit viel Freude und Leidenschaft stellte. Es gab keine Scheu vor großen Leuchtturmprojekten, im Gegenteil Franz Meurer ermutigte uns groß zu denken und zu experimentieren. Die Gestaltungsfreiheit und auch das benötige Budget gehörten selbstverständlich und ohne Diskussion zur Ermutigung dazu. Mit Lektoren, Messdienern und Kommunionhelfern bereitete ich die großen Festgottesdienste des Kirchenjahres vor und ich achtete insbesondere auf einen spirituellen und theologischen Mehrwert in der Vorbereitung. Mit der Neuausrichtung des Ewigen Gebetes im Konzept „24 Stunden vor Gott“ und der musikalischen Bibelnacht „Lektoren lesen Lukas“ brachte ich mich u. a. mit eigenen Projekten ein.

Kirchplatz St. Amandus, Rheinkassel 2008

Diakon im Hauptberuf

Die Entscheidung in den Hauptberuf zu wechseln war ein konsequenter Schritt, sich auf eine neue Weise für die Kirche einzusetzen. Es bedeutete aber auch das gewohnte Arbeits- und Lebensumfeld zu verlassen. Ich nahm Abschied von einem selbst ausgewählten Zuhause hin zu einer zugeteilten Dienstwohnung, Abschied von festen Arbeitszeiten mit definiertem Feierabend hin zu wechselnden Arbeitszeiten und Freizeiten, Abschied von Kollegen und langjährigen Arbeitsroutinen hin zu einem völlig anderen Arbeitsstil. Diese und zahlreiche Überlegungen mehr wurden letztendlich konkret als meine Familie und ich dem LKW mit unserem gesamten Hab und Gut in den Kölner Norden zu meiner ersten Diakonenstelle im Hauptberuf folgten. So begann ich im Oktober 2008 nach der Kündigung im Düsseldorfer Verlag im Pastoralteam in St. Pankratius in Köln-Worringen.

 

Diakon und Redaktion

Mit meinem Start in der Pastoral übernahm ich u. a. die Leitung der Pfarrbriefredaktion und war in meinem Element. Vor meinem Antritt erschien bereits die erste Ausgabe des neugestalteten Pfarrbriefes mit einem neuen Layout. Er fasste mehrere Pfarrbriefe zusammen und war bereits ein Hinweis auf die bevorstehende Fusion von vier Pfarrgemeinden mit fünf Kirchen. Die verschiedenen journalistischen Möglichkeiten einer dreimal jährlich erscheinenden Zeitschrift, mit einer Auflage von 10.000 Exemplaren, die in alle Haushalte ehrenamtlich verteilt wurden, ließen sich meiner Ansicht nach gut ausbauen. Zur Seite stand der siebenköpfigen ehrenamtlichen Redaktion ein garantierter Etat, den wir für ein professionelles Layout und den Druck der Auflage benötigten. Ich verstand mich als Coach der Redaktion, als Impulsgeber und als koordinierender Chefredakteur. Die Entscheidung und die Verantwortung lag bei uns gemeinsam. Zuviel Machtfülle in einer Person hatte ich in der Redaktion immer als schädlich erlebt. Verletzende und frustrierende Erfahrungen machten die Redaktionsmitglieder in ihrem Berufsleben genug, das brauchten sie in ihrer Freizeit nicht. Gepaart mit meiner Kompetenz aus den Redaktionen und der Begeisterung der Ehrenamtlichen entwickelten wir aus dem Pfarrbrief eine Pfarrzeitschrift, für die man sich mit Gewinn Zeit nahm.

 

Während der Predigt, Osterlerze mit Pfarreilogo

Das Bild im Pfarrbrief

Die Redaktionssitzungen mit ihren Brainstormings wurden zum Anlass auch über die Gemeindeentwicklung nachzudenken. Was bedeutete es für den Einzelnen, das wir als Pfarrei fusionieren? In dem wir von der Zielgruppe her dachten, und zwar nicht nur die sonntägliche Liturgiegemeinschaft im Blick hatten, sondern auch diejenigen, die ungefragt die Pfarrzeitschrift als Wurfsendung in ihrem Briefkasten vorfanden, lernten wir missionarisch zu denken. Auch auf die Gefahr hin, dass die mit viel Herzblut gestaltete Zeitschrift in unzähligen Papierkörben landete, so war jede Auflage ein neuer Versuch, die Herzen der Leser zu erreichen und in ihnen ein lokales Bild der katholischen Kirche aufzubauen, dass die gängigen Medien nicht zeigen.

 

Weil wir gerne fotografierten, begannen wir unser Gemeindeleben zu mit schönen Bildern zu dokumentieren. In der Pfarrzeitschrift erkannten dann Nachbarn einander wieder und Gemeindemitglieder scheuten sich nicht sich als der katholischen Kirche zugehörig zu zeigen. Im Gegenteil, sie freuten sich, dass sie ihre Krippe, ihr Kreuz oder auch ihren persönlichen Heiligen Ort in den verschiedenen Ausgaben präsentieren konnten. Die Pfarrzeitschrift war geprägt von echten Gesichtern und zeigte ein authentisches, lebendiges Gemeindebild.

 

Als wir den Schritt wagten auf facebook ein Konto als Pfarrzeitschrift zu eröffnen und dort Bilder unseres Gemeindelebens zu posten, erlebten wir zunächst nur zögerliche Resonanz. Als die facebook-Chronik zum Tagebuch der Pfarrei anwuchs begannen immer mehr junge Menschen sich für die Pfarrei zu interessieren. Und wir lernten, dass auch die älteren Gemeindemitglieder das Internet und die Sozialen Medien gerne nutzten, um sich zu informieren.

 

Im Dezember 2011 eröffnete Papst Benedikt XVI seinen Twitteraccount, zeitgleich meldeten auch wir uns auf Twitter an. Twitter ist kein einfaches Medium, da es scheinbar verklausuliert funktioniert. Ist man erstmal hinter den Sprachgebrauch mit seinen Links und Hashtags gestiegen verbirgt sich dahinter ein starkes Kommunikationsmittel. Schnell verstanden wir, dass es für die Gemeinde nicht taugt, aber für die Außendarstellung der Gemeinde sehr effektiv ist. Zahlreiche führende kirchliche Webseiten und sogar die deutsche Bischofskonferenz begannen unserer Pfarrzeitschrift zu folgen. Sowohl auf facebook, als auch auf Twitter stiegen die Followerzahlen. Kann es sein, dass das was an grünen Tischen überlegt wird in unserer Pfarrei bereits Gestalt annimmt und Neugierde erzeugt?

 

In den folgenden Jahren gewannen die zeitnahen kontinuierlichen Informationen an die Gemeinde eine immer größere Bedeutung. Mit den zahlreichen Änderungen der Gottesdienstordnungen waren nun Kernbereiche der Pfarrei von einer verlässlichen Öffentlichkeitsarbeit abhängig. Gottesdienstbesucher sollten jederzeit Zugriff auf die Gottesdienstzeiten haben, um so ihren Gottesdienstbesuch für sich zu planen. Die Redaktion überarbeitete die Wocheninformationen, relaunchte in einem Kraftakt die Homepage, verknüpfte facebook und Twitter und führte eine App für Smartphones ein, auf der alle aktuellen Informationen der Kirchengemeinde gebündelt zur Verfügung standen. Selbst eine direkte Nachricht an das Pastoralbüro mit Buchung des Pfarrheims war möglich. Mit der Verknüpfung zu den täglichen Messtexten, der Lectio Divina und auslegenden Texten der Kirchenväter fand sich auch hier spiritueller und theologischer Mehrwert mit Nährwert.

Zusätzlich stärkten wir die Kommunikation zu unseren Ehrenamtlichen. Deren Mailadressen, insbesondere der Leitungsverantwortlichen der pfarrlichen Gruppen und Gremien wurden im Pastoralbüro zu einer Mailgruppe zusammengefasst. Diese Mailgruppe erhielt regelmäßig Einladungen und aktuelle Informationen. Das Kirchenjahr mit seinen regelmäßigen geprägten Festzeiten bewarben wir mit Plakaten und Flyern, luden über facebook ein und veröffentlichten Pressemeldungen in der lokalen Presse.

So waren wir gut aufgestellt, als durch den Wechsel des leitenden Pfarrers eine längere Vakanz entstand. Auch die Einführung des neuen leitenden Pfarrers ließ sich mit gewohnter Routine kommunizieren.

 

Den Spaß und die Freude an unserer Öffentlichkeitsarbeit teilten wir mit der Gemeinde bei den jährlichen Gottesdiensten zum Welttag der sozialen Kommunikationsmittel. Hier konnten wir das Erreichte vermitteln, unsere Erfolge feiern und auch den verdienten Dank ernten. Regelmäßig nahm die Redaktion an den „Diözesantagen Öffentlichkeitsarbeit“ teil, wo ich auch als Referent mitwirkte. Der Austausch und der Kompetenzgewinn brachten regelmäßig neue Ideen und viel Schwung in die Redaktionsarbeit.

Corporate Identity

Zur Fusion 2010 wurde deutlich, dass unsere Gemeinde auf dem großen Territorium ein einheitliches öffentliches Auftreten nach außen besitzen muss. Wiedererkennbarkeit und öffentliche Bedeutung hängen mit einem klaren Profil zusammen. Nach außen hin nennt man das Corporate Identity. Also vertiefte ich mich in das Thema, las Bücher, konsultierte Werbefachleute und erwarb schließlich genügend Kompetenz um mit einer Werbeagentur eine CI für die Pfarrei zu entwickeln. Mit viel Brainstorming entstand ein Logo aus dem CHI-RHO Monogramm mit eigenen Farben, das zwar nur mit Mühe durch den Pfarrgemeinderat ging und aber heute nach 7 Jahren selbstverständlich die Pfarrei repräsentiert. Es begegnet dem Gemeindemitglied in allen Publikationen der Pfarrei, als Emailsignatur der Haupt- und Ehrenamtlichen aus den Pfarreigremien, als kostbare Pfarreifahne für die Liturgie, als Papierfähnchen, Banner und Rollups auf zahlreichen Events und auf den persönlichen Namensschildern bei Versammlungen. Die Pfarrei machte sich bekannt.

 

Rückblickend lässt sich nicht prognostizieren, wie das Gemeindeleben sich ohne Öffentlichkeitsarbeit entwickelt hätte. So intensiv, wie wir daran arbeiteten, spürten wir jedoch, dass uns als Kirchengemeinde viel Sympathie entgegengebracht wurde. Wer zu uns kam, war dankbar für die reichhaltigen Informationen und die zeitgemäße Präsentation. Erstkommunionfamilien folgten auf facebook und markierten mit ihrem „Gefällt mir“ Ereignisse der Pfarrei. Brautpaare fanden ihr Hochzeitsbild auf unserer facebook-Seite, Tauffamilien freuten sich über ihr Bild, Firmlinge entdeckten sich genauso wie Messdiener und Chöre.

Gründung der Bürgerplatform"STARK! ImKölner Norden" in der Kölner Flora, Oktober 2015, Foto: Hubert Brand

Duc in Altum

Mittlerweile arbeitete die Redaktion 8 Jahre in mehr oder weniger unveränderter Besetzung und es ließ sich erkennen, dass es bald zur Auflösung kommen würde. Trotz unzähliger Versuche weitere Gemeindemitglieder für die Öffentlichkeitsarbeit der Pfarrei zu gewinnen, gelang es nur bei einigen wenigen Interessierten. Es brauchte eine neue Idee, wie die Öffentlichkeitsarbeit nicht alleine von wenigen Ehrenamtlichen in einem Kraftakt regelrecht gestemmt wird, sondern wie sie so in die Breite in die Gemeinde getragen werden kann, dass Viele dafür die Verantwortung übernehmen können.

 

Die Redaktion griff begeistert die Arbeitsweise des Community Organizing auf, dass sie durch die Mitarbeit in der neu entstandenen Bürgerplattform „Stark! Im Kölner Norden“ erlebt hatte. Daraus entwickelte sie eine eigene Methode, die sie „Gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit“ nannte. Die Pfarreileitung, der Pfarrgemeinderat und der Kirchenvorstand, ebenso die Gemeinde wurden informiert, dass die kommende Ausgabe der Pfarrzeitschrift entfällt und die Redaktion an einem neuen Konzept arbeitet. Mehr als ein halbes Jahr führten die Redaktionsmitglieder sogenannte Beziehungsgespräche mit fast allen Leitungsverantwortlichen aller Gruppen und Gremien. Dahinter stand der Gedanke, dass erst eine gute Beziehung eine gute gemeinsame Aktion ermögliche kann. Also lernte man sich erstmal gut kennen, bevor man begann miteinander zu arbeiten. Im Herbst 2016 lud die Redaktion dann zur ersten gemeinsamen Redaktionssitzung der Pfarrei ein und alle Gremien und Gruppen sendeten Delegierte. Gemeinsam entschied man sich den Pfarrbrief in seiner bestehenden Form weiterzuführen und gemeinsam dafür die Verantwortung zu übernehmen. Im Gegenzug unterstützte die Redaktion die einzelnen Gruppierungen bei ihrer eigenen Öffentlichkeitsarbeit. Es entstand ein Austausch an Kompetenz und Informationen, der in einer gemeinsamen Verpflichtungserklärung der Gemeinde vorgestellt wurde. Die Redaktion erlebte einen neuen Motivationsschub, der auch jetzt noch, mehr als ein Jahr später anhält. Die Gemeindeplattform der „Gemeinsamen Öffentlichkeitsarbeit“ überantwortet den Pfarrbrief in die Gemeinde und wird von ihr für die Gemeinde gestaltet.

 

Als Diakon bestand meine Aufgabe in dieser Phase darin die Entwicklung frühzeitig wahrzunehmen, sie ernst zu nehmen, sie miteinander zu benennen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Der Ansatz die Vernetzung mit anderen Menschen zu ermöglichen erwies sich als Neuanfang und Aufbruch. Das unterscheidend katholisch christlich erfuhren wir, wenn wir uns lobend und dankend der Gegenwart des HERRN vergewisserten, der uns mit Seinem Evangelium regelmäßig Mut zu sprach, die Netze auszuwerfen und nicht zu resignieren.

 

Ergo

„Du bist jetzt Diakon und nicht mehr Bildredakteur!“ Das war einer der ersten Sätze, die ich beim Antritt in der Pfarrei zu hören bekam. Auch 13 Jahre nach der Weihe lässt sich also eine 20 jährige Berufserfahrung nicht einfach abstreifen. Und das ist auch gut so.

Matthias Gill 

Beitrag erschienen in:

Boten einer neuen Zeit – 50 Jahre Ständiger Diakonat im Erzbistum Köln, Bonifatius Verlag, 2018